Merkmale der frühen Böhm-Instrumente
Martina Rosenberger waren, als sie ihr Waldzither-Puzzle schrieb, nur zwei Instrumente bekannt, die sich aufgrund ihrer Bauart und Größe völlig von der Machart der späteren Böhms unterschieden. Inzwischen ist ein gutes Dutzend solcher Instrumente dokumentiert, anhand derer sich ein paar Überlegungen zur Entwicklung der frühen Böhm-Instrumente anstellen lassen. C. H. Böhm hat offenbar einige Jahre gebraucht, um das heute bekannte Design seiner Waldzithern zu entwickeln.
Die frühen Böhm-Instrumente weichen in einer ganzen Reihe von Merkmalen von den Waldzithern aus späterer Zeit ab. Erstaunlicherweise sind jedoch keine zwei dieser Instrumente gleich, es sieht also danach aus, als habe Böhm am Anfang eifrig experimentiert und immer wieder kleine Details (vor allem bei der Verzierung seiner Instrumente) variiert. Auch die Etiketten hat er mehrfach verändert, so dass man diese frühen Instrumente tatsächlich chronologisch sortieren und ein paar Gemeinsamkeiten herausarbeiten kann.
a) Die frühen Böhm-Instrumente sind mit 58 bis 59 cm durchweg etwa 9 cm kleiner als die späteren Standardmodelle; die Mensur ist mit ca. 41,5 cm (im Vergleich zu ca. 46 cm) ebenfalls kleiner.
b) Die Korpusform ist noch runder, nicht so tropfenförmig wie bei den späteren Böhms, außerdem ist das Schallloch kleiner. Die Zargen sind nahezu gerade, anders, als dies sonst bei Zistern der Fall ist. Die letzten beiden Instrumente in der Fotogalerie (beide mit einem um die Walddoline erweiterten "Musikwaaren"-Etikett) sind bereits deutlich größer als die anderen frühen Böhms, sie erreichen aber noch nicht ganz die Standard-Maße der späteren Instrumente; auch die Mensur ist noch etwas kürzer.
c) Die frühen Böhms haben allesamt in zwei Reihen angeordnete "portugiesische" Mechaniken. Entsprechend hoch ist auch die "Schaufel" am oberen Kopfende zum Schutz der Mechaniken. Sehr viele frühe Böhms weisen allerdings Schäden an dieser Schaufel auf, sie war also offenbar selbst nicht stabil genug gemacht, um einen wirksamen Schutz darzustellen.
d) Das Griffbrett hat einen geraden, keinen runden Abschluss am Schallloch, das lässt sich übrigens auch auf den alten Fotos der Böhm'schen Waldzither-Gruppen gut erkennen.
e) Die frühesten Böhms von 1897 haben noch keinen Glassteg, sondern einen Holzsteg mit Metalleinlage, zudem ist das Griffbrett bei den Instrumenten aus der Anfangszeit sehr breit.
f) Die Bünde sind unregelmäßig auf dem Griffbrett verteilt. Normalerweise sollte der Bundabstand zum Halsansatz hin immer kleiner werden, um einen gleichmäßigen Abstand der (Halb-)Töne zu erzielen; das ist aber bei den frühen Böhms durchweg nicht der Fall. Nach den Tönen zu urteilen, die erhöht oder erniedrigt sind, scheint es, als habe Böhm versucht, eine "reine" Stimmung auf seinen Instrumenten zu realisieren. Demnach wären diese frühen Waldzithern dazu gedacht gewesen, auf ihnen nur in C-Dur und verwandten Tonarten wie F-Dur und G-Dur zu spielen, andere Tonarten hätten hingegen sehr schief geklungen. Erst als später das Bedürfnis größer wurde, in allen Tonarten auf den Instrumenten zu spielen (bzw. einen Kapodaster zu verwenden), ging Böhm dann offenbar zu einer normalen "temperierten" Stimmung über.